19. Blog am 3.Mai 2019
Der Flug nach Shanghai und damit der Umzug nach China ist gebucht. Ende Juli startet unser Abenteuer China. Viele könnten jetzt meinen, das es noch lange hin ist, aber time flies und das Expatleben 3.0 rückt immer näher und das Leben hier ändert sich stetig Richtung Abreise. Das Umzugsunternehmen ist ausgesucht und der Termin für die Vorbesprechung steht. Die Auszugswoche ist fix und mein Mann hat dafür seinen Flug von Shanghai zu uns gebucht.
Was kann aus dem Kleiderschrank entsorgt werden?
Leider ertappe ich mich bei jedem Schrank, den ich öffne, dass ich darüber nachdenke, was ich von all den Dingen darin wegschmeissen, verschenken oder umsortieren kann. Nichts mache ich mehr ohne Hintergedanke: „Luise, brauchst Du das noch? Willst du das wirklich behalten? Wann hattest Du diese Schuhe zum letzten man an? Passt die Hose noch? Oder ausser Mode geraten?“ Diese Gedanken können zuweilen sehr anstrengend sein, denn mal eben was aus dem Schrank holen, klappt gerade nicht mehr. So lasse ich den Schrank entweder zu und ziehe die Sachen von Vortag mit kleinen Änderungen einfach nochmal an oder wuseln durch den Schrank mit allen Konsequenzen.
Was kann in meinem Büro entsorgt werden?
In meinem Büro, wo ich jeden Tag am Schreibtisch sitze und arbeite oder Ablage mache oder Papierkram erledige, ist nichts mehr vor meinem kritischen Blick sicher. Auch hier mache ich nichts ohne Hintergedanke: “ Luise, brauchst Du diese vielen Kugelschreiber noch? Was ist mit den vielen alten Fotozeitschriften? Was mache ich mit den unzähligen Bestellkatalogen? Können die süßen, liebevoll gestalteten und geschriebenen Weihnachtskarten von 2010, 2011, 2012, 2013, 2014, 2015, 2016, 2017, 2018 nicht weg? Was liegt Dir wirklich am Herzen? “ Und dann gibt es unzählige Ordner, die in die Unizeit zurückgehen. Ja, das ist mein Leben und das meines Mannes. Aber schauen wir da nochmal rein? So aus nostalgischen Gründen? Soll ich einiges abfotografieren und auf meinem Mac online speichern? Dann hätte ich es auch in Shanghai, wenn mir plötzlich danach ist, meine Matrikelnummer aus der Humboldtuniversität nachzuschlagen? Es hörst sich trivial an, aber grundsätzlich ist die Frage, was alles durch das Leben geschleppt werden muss und was Ballast ist oder ob ein Ausdünnen nicht auch ein Stück Zufriedenheit und Freiheit mit sich bringt. Ich bin ehrlich gesagt gerade ein Fan von Ausdünnen und Loslassen. Dabei schlage ich in der Aufräumbilbel von Marie Kondo gerne auf und ahme nach.
Was kann in den Kinderzimmern entsorgt werden?
In den Kinderzimmern lüften sich behutsam aber stetig die kruscheligen Ecken der Kinder mit Lego, Playmo, Nerf und Co. und auch vermisste Butterbrotdosen finde ich in der Sockenschublade oder auch unter dem Bett hinter den unzähligen Schatztruhen. Auch hier fragen ich die Jungs: Brauchst Du das wirklich noch alles? Können wir nicht bitte einen Teil wegschmissen oder verschenken? Bist du nicht aus dem Alter raus? Kann Deine Kindergarten-St. Martin-Laterne von 2012 nun mal weg? Welche Kuscheltiere bekommen einen anderen Bestimmungsort? Momentan noch schwierige Entscheidungen. Sie sind zu vergleichen mit dem Uniordner und meinen Fotozeitschriften. Sie waren halt schon immer da und die Laterne ist Teil eines noch jungen Lebens. Also nicht poltern, Luise, sondern gut gelenkt argumentieren und am Ende doch nicht viel wegschmeißen, da die Kulleraugen zu groß werden. Und dann ist das auch ok.
Was kann in der Küche entsorgt werden?
In der Küche bemerke ich, dass ich mit immer den selben Küchenhelfern koche und viele Töpfe einstauben oder ich nur den schwarzen Pfannenwender in der Hand habe und nicht den grünen oder den hölzernen. Warum eigentlich drei haben? Und beim genauen Hinsehen sind die Hälfte der Gewürze schon längst abgelaufen, weil sie zu exotischen Gerichten gekauft wurden und danach ein trauriges Dasein in der Gewürzschublade geführt haben. Also auch hier: Sei mutig, sei stark und trenne dich von Ballast. Den Pannenwender von meiner Mama, den ich bei der Haushaltsauflösung erbeten habe und der eigentlich schäbig ist, kommt nicht weg, daran hängen so viele Erinnerungen und gemeinsame Tochter-Mutter-Kochstunden. Dieser Wender bleibt und der lächelt mich immer mal an und dann kommt ein netter Gedanke über meine Mutter. Sehr wichtig!
Mein Vorratsregal im Keller lichtet sich und ich bemerke, wieviel es eigentlich ist und wie lange es dauert, 6 kg Zucker zu verbrauchen und der Tiefkühlschrank endlich mal leerer werden muss. Am Ende geht Vorrat doch recht schnell weg, konsequentes, reduziertes Einkaufen führt dazu, dass auch mal der Doseneintopf gegessen wird und ich mich wundere, warum die Dose so lange im Keller stand. Schnell zubereitet, schnell verfeinert und einfach lecker.
Welche Verträge muss ich alles kündigen?
Und dann kommt da die Liste der Kündigungen, die ich Stück für Stück seit ca. 2 Wochen abarbeite. Ich merke, dass ich mich nicht mit Hau-Ruck von Allem direkt lösen kann. Die Musikschule habe ich bereits gekündigt und es tat mir schon leid, denn seit 11 Jahren habe ich dort diverse Musikkurse für mich und meine Kinder belegt und es war eine tolle Zeit. Vom Musikgarten über Gitarre, Flöte, Klavier, Saxophon und Horn haben wir wechselnde Lehrer und Kurse belegt. Dies hat nun im Juni sein Ende. Und dann sind da die Sportvereine, die Zeitschriftenabos, das Telefon, der Kabelanschluss, die Milchlieferung. Nach den Osterferien werde ich auch die Abmeldung von der Schule angehen. Dann sind alle vier vom Städtischen Gymnasium weg und wir finden die Kinder auf internationalen Schulen wieder. Wahrscheinlich wird es für meinen Mann und mich dann auch nie eine feierliche Abiturfeier samt Abiball in Deutschland geben, sondern irgendwo da draussen, mit Sicherheit schon mal in Schottland. Auch an diesen Gedanken gewöhne ich mich langsam.
Pause! Ja, die brauche ich!
Jeder versteht glaube ich, dass ich immer mal wieder Abstand von diesem Organisationswahn brauche und so waren wir in den Osterferien 8 Tage in Shanghai. Aber davon berichte ich in einem nächsten Blog. Ich kann nur jetzt schon einmal sagen, dass es einfach nur schön war und ich mit vielen tollen Fotos zurückgekommen bin und ich eine liebe Freundin wiedergetroffen habe, die ich seit unserer Hochzeit vor 20 Jahren nicht mehr gesehen habe. Es schien wie gestern!
Luise!
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