33. Blog am 17. Januar 2021
“Dieses Jahr wird alles besser“ – das ist der Titel vom ersten Frankfurter Allgemeine Zeitung Magazin im neuen Jahr. Eine lächelnde junge Frau ist fotografiert. Im Hintergrund ein Wandfoto, das mich an ein spektakuläres Feuerwerk erinnert und das junge Model hat Turnschuhe an. Ich denke, sie wird sicher gleich lossprinten und allen erzählen, dass dieses Jahr besser wird. Das wollen ja auch alle.
Mit dem Satz “nächstes Jahr wird alles besser“ habe ich mich durch die letzten Monate von zwanzig zwanzig geschleppt mit dem Denken: Luise, nur durchhalten, es ist bald vorbei. Naivität gemixt mit der rosaroten Brille habe ich mich – und auch andere plötzlich sehr liebgewonnene Menschen – hochgehalten. Sylvester habe ich dann auf der Terrasse mit meinem Mann und meinen vier Kindern gestanden, Champagnerglas und eine Lucky Strike in der Hand und meine Tränen liefen mir nur so über die Wangen. Jaaa, es ist vorbei. Es hat lange gedauert, bis ich mich beruhigt und einen kleinen Böller in die Hand genommen habe, den mein Sohn aus seinen Vorräten herausgezaubert hat. Er sollte in der Luft knallen, damit es so richtig schön laut ist. Hat nicht geklappt, bin dann doch ein Pyroschisser! Die Zündschnur war noch zu lang und der Böller landete im tiefen Schneetreiben. War das schon ein Omen? Der Gedanke kam und ich habe schnell einen herrlichen weiteren Schluck vom guten Tropfen genommen. Und auch eine weitere Lucky Strike war angezündet – langwährende ab und zu Laster sind im richtigen Moment doch eine Bereicherung fürs Leben.
Ich hatte Recht
Das Omen hat sich bewahrheitet. Der Lockdown ist nun verlängert und die erdachten Lockerungen des Lockdowns und der Alles ist Gut Gedanke natürlich erstmal begraben. Die Rückkehr in mein Expatleben ist um ein weiteres Mal verschoben. Mein Mann bucht zur Zeit nichts, sondern bucht nur um. Ich sollte mit ihm im Oktober schon einmal nach Shanghai zurück fliegen und er hatte mir sehr lieb ein Businessticket gebucht. Dieses ist nun herrlich dauernd umbuchbar und nix verfällt. Auch mal ganz gut!
Homeschooling
Auch der Flug der Kinder zurück in ihre Schule nach Schottland ist nun umgebucht. Die Hoffnung, dass die Internate in UK in ihrem Bubble normalen Schulalltag leben können, hat sich durch die Ankündigungen der Schottischen Regierung zerschlagen. So sind in unserer Bleibe im Hunsrück die Gartentische wieder im Haus verteilt, der Kampf mit dem WLAN wieder aufgenommen. Ich merke, dass es den Kindern leichter fällt als im Sommer, sich auf die Schule und das Homeschooling einzulassen. Die Schule gibt sich größte Mühe, ein gutes Homeschooling auf die Beine zu stellen. Sie hat einige Änderungen vorgenommen und versucht redlich, dass die Kinder dran bleiben. Auch ich bin besser geworden in der Organisation und so haben wir als Familie vom Montag bis Samstag nun einen Plan:
8:00 Uhr gemeinsames Frühstück
8:30 Uhr duschen, anziehen – keinen Pyjama!
9:00 Uhr schulfremdes Buch oder Zeitschrift oder Zeitung lesen
9:40 Uhr Unterrichtsbeginn
12:00 Uhr Mittagessen fertig. Jeder nimmt, wann er Pause hat.
16:30 Uhr wer fertig ist braucht Bewegung. Meist machen wir einen großen Spaziergang. Luft schnappen, Kopf frei bekommen.
19:00 Uhr Wir kochen zusammen, Essen mal vor der Glotze oder am Tisch. Gerade spielen wir gerne Klugscheisser oder Tabu!
Morgen geht es so gleich weiter.
Das Leben als Expatfrau
So richtig fühle ich mich zur Zeit nicht als Expatfrau, eher als eine Gestrandete in ihrem Wochenendhaus in Deutschland, die mal in die eine Richtung schwimmt und mal eine flotte Wende macht, denn in die andere Richtung schwimmt es sich leichter. Das Wenden im Wasser kann ich gut, das ist antrainiert. Jedoch ist die andere Richtung auch nicht immer angenehm, zu kaltes oder auch zu heisses Wasser, Strömungen von links und rechts. In einer ruhigen Bucht ist ein Ausruhen mal ganz gut, aber die Bewegung muss sein, damit ich nicht unterkühle. Ich treffe auf Untiefen mit spitzen Steinen. Da ratsche ich mir die Beine auf und es blutet und ich weine vor Schmerzen. Pflaster drauf und weiter.
So ähnlich kann es auch anderen Expatfrauen gehen, die in der Pandemie vor vollkommen neuen Herausforderungen stehen. Ich möchte zurück in das Land, in dem ich mit meinem Mann und meinen beiden jüngsten Kindern mein drittes Expatleben begonnen habe, auch wenn es dort dann vollkommen anders ist, denn die beiden Jüngsten kommen nicht mehr mit und der Alltag dort würde ganz anders aussehen. Corona hat unser Leben nun wirklich komplett auf den Kopf gestellt, da hilft nix Beschönigendes!
Es gibt da draussen so viele Expatfrauen, die endlich mal wieder in die Heimat wollen, die Eltern, die Geschwister, die Freunde wiedersehen wollen. Sie können nicht zurück vor Sorge vor einer Infektion oder der Quarantäneverpflichtungen bei Einreise nach Deutschland oder der Quarantäne bei Rückreise ins Expatland. Besonders China hat sehr strenge Auflagen und eine Lockerung scheint nicht in Sicht zu sein.
Vielen Expatmüttern folge ich auf Instagram, die von ihrem Leben berichten und einen kleinen Einblick in ihren Alltag gestatten. Bei allem Kopf hoch und wir schaffen das höre ich doch auch immer wieder Verzweiflung und Kaftlosigkeit durch. Belastbarkeit hat eben auch eine Grenze. Bei der einen Mutter mehr bei der anderen weniger.
Hilfe annehmen erlaubt
Auch wenn Du als Leser glaubst, es ist alles einfach und Luise wird schon im Wasser nicht untergehen, sie ist doch sportlich, groß (ja ich bin 1,82cm) und hat vier Kinder groß gezogen, so muss ich sagen, dass ich Grenzen überschritten habe. Ich habe über Instagram einen tollen Coach in Frankfurt gefunden. Darüber hinaus bin in einer 14 tägigen Zoom Meeting Gruppe von Frauen, alle unterschiedlich, alle andere Berufe. Alle hören zu und wir lassen uns vom Coach leiten, ermutigen, antreiben und korrigieren. Das tut in einer solchen Pandemie mit Mann in China und Kindern in Schottland und fast kontaktlosem Leben ziemlich gut.
Shanghai-calling.de
Mein Blog war lange ruhig. Im Wasser lässt es sich eben nicht so einfach schreiben, MacBook und Wasser ist eine schlechte Kombination, was ich bitterlich im Dezember erfahren musste. Totalschaden. Das Weinglas war noch voll, denn der Wein schmeckte mir nicht. Er landete in der Tastatur. Meine Lehre daraus: Trinke keine schlechten Weine mehr, das kann teuer, sehr teuer werden!
Und Blätter und Stifte sind im Wasser auch nicht so ideal. Ich habe aber nach langem Überlegen entschieden, den Blog nicht vollkommen einzustellen, sondern immer mal wieder zu schreiben bis ich tatsächlich über Shanghai und das Expatleben wieder berichten kann.
luisegutsche.de
Im Frühjahr habe ich mit meinem Word Press, Woo Commerce und Internetshop Trainer Andreas aus Wiesbaden einen Shop eingerichtet und auch meine Internetseite komplett überarbeitet. Der Weg dorthin war steinig und es rauchte der Kopf. Die Fotografieseite ist erneuert und seitdem schlummert sie leider im World Wide Web. Mein Shop ist nicht total schlecht, Verbesserungspotential ist dennoch gegeben. Optimierung habe ich vor und denke über neue Möglichkeiten nach. Einen Fotokurs für Mamis stricken? Einen Fotoblog scheiben? Oder doch endlich meine Rubrik Postkarten mit Produkten füllen? Möglichkeiten über Möglichkeiten!
Einfach dran bleiben
Als wenn es immer so einfach wäre, einfach dran zu bleiben. Aber ein Versuch ist es wert und ein Ideenbuch liegt schon bereit. Und so versuche ich an die Titelzeile aus dem FAZ Magazin zu denken: Dies Jahr wird besser!