20.Blog am 13.8.2019
Mehr als 3 Monate habe ich keinen neuen Blog geschrieben. Nein, nicht, daß mir der Schreibstoff ausgegangen ist. Nein, es liegt einfach daran, dass ich mit meinem Start in unser Expatleben 3.0 vollkommen überfordert war und ich einige Dinge streichen musste, um das Wichtigste auf den Weg bringen zu können – unseren Umzug und die damit verbundene Organisation. Leider, so muss ich nun rückblickend sagen, habe ich mein Schreiben sein lassen. Sicherlich hätte ich es als abendlichen Ausgleich ganz gut gebrauchen können, jedoch fehlte die Zeit, die Kaft und irgendwann die Lust. Das ist schade. Einige meiner Leser haben sich sicher schon gewundert, dass da keine neuen Blogs mehr kommen.
Elisabeth Browning, Schriftstellerin
Als dann aller Umzug mit unsagbar vielen Kisten, Möbeln und Kram vorüber war und ich auf meiner Insel Föhr ein bisschen zur Ruhe gekommen bin, las ich das Feriensommerbuch von FLOW. Darin fand ich den Satz von Elisabeth Browning: “Nichts bringt uns auf unserem Weg besser nach vorne als eine Pause.“ Dieser Satz passt so gut auf meine Situation und irgendwie habe ich mit dem Lesen schon Ruhe gefunden und mein schlechtes Gewissen, so lange nicht meine geliebte Seite mit neuen Texten gefüttert zu haben, reduzierte sich auf ein Level, mit dem ich erstmal gut leben konnte.
Die Stimmung muss stimmen
Der Einstieg ins Schreiben muss aber auch gefunden werden. Manch einer kann überall schreiben und es kommen immer gute Texte heraus. Bei mir muss die Stimmung da sein. Nun ist sie da, ich sitze in eine tollen Hotel in Shenzhen in China. Ich bereise das Land, in dem ich die nächsten Jahre leben werde. Es ist noch so früh, dass mein Mann und meine vier Kinder noch schlafen, das ganze Hotel ist noch ruhig und so langsam geht die Sonne auf. Vögel fliegen an meinem Hotelzimmer vorbei und ich schaue in eine unglaubliche Vegetation. Leider kann ich die vielen mir unbekannten Bäume nicht aufzählen, jedoch immer wieder erblicke ich Palmen, auf denen Farn die Stämme hochwächst. Schon das ist eine Augenweide. Dazu höre ich eine tolle Filmmusik zu einem Hollywoodsteifen – LaLaLand. Ich habe gute Laune.
Start von Expatleben 3.0
Mein Expatleben startet am 30.7. Also heute vor 2 Wochen. Das Datum ist sicher ein Tag, auf den ich die letzten 8 Monate hingearbeitet habe. Es war ein Countdown, es war ein fixer Tag, die Flüge waren lange gebucht. Bis dahin hatte ich alles zu erledigen. Manch einer sagt, na ja es ist ein Auszug aus einem Haus und dann die Ummeldungen und los geht es. Ja, so könnte es einfach sein, rein technisch, emotionslos gesehen. Jedoch ist es das Verlassen aus der Comfortzone, ein Umdenken, ein Raus aus dem Alltag, raus aus der Nachbarschaft, raus aus der Schule, raus aus dem Fußballverein, raus aus der Musikschule, raus aus der Golfmannschaft, raus aus dem Landeskader, raus aus dem Tennistraining, raus aus dem Bibliotheksteam, raus aus einem spannende Projekt, raus aus den Zeitschriftenabos, raus aus dem Tageszeitungsabo und das Verabschieden von der Familie, Verabschieden vom Hund, Verabschieden von Freunden, Verabschieden vom Optiker, Verabschieden von der Hilfe, Verabschieden vom Haus, Verabschieden vom Arbeitsplatz. Und dabei die Kinder bei guter Laune halten. Und mich bei guter Laune halten. Das habe ich mehr oder weniger für die Kinder geschafft. Meine eigene Laune habe ich nur bis zu einem bestimmten Grad auf einem erträgliche Niveau halten können. Meine Überforderung mit all dem habe ich lange gespürt. Aber der Mensch sagt ja immer zu sich: Es geht noch ein Stückchen. Ein kleines Stückchen. Denn nächste Woche ist es besser! Nein! Ich habe bitterlich lernen müssen, dass ich sehr über meine Grenze gegangen bin und nur sehr schleppend zum Status Quo zurück komme. Das Leben ist an dieser Stelle ein echte Lernerprozess. Und das mit 47. Ich danke meinem Freund Rolf für seine direkte Art, der mir die Augen geöffnet hat und sagte: Stop! Stop – jetzt! Nicht, dass mein Mann nicht für mich da war, aber er war schon seit Januar in China und eben nicht präsent.
Ich packe meinen Koffer …
2 Wochen bin ich nun in China. Wir habe aus Deutschland 37 Kisten mitgenommen. Die sind auch schon alle angekommen. Da ist so alles drin, was wir glauben zu brauchen. Die anderen 650 Kisten und Kartons und Möbel sind in Deutschland geblieben und sind die nächsten Jahre eingelagert. Ich werde nun in den nächsten Jahren herausfinden, ob wir mit den mitgebrachten Kisten glücklich sind oder ob etwas fehlt, dass zum Glück fehlt. Wahrscheinlich wird das Glück nicht an Materiellem liegen. Das Glück und die Zufriedenheit ist ja gerade das, was nicht greifbar, kaufbar oder einfach mitzunehmen ist – sicher in eine Umzugskiste verpackt.
Ich fülle mein Herz …
Mitgenommen habe ich im Herzen viele Dinge, Schwere und weniger Schwere, Wehmut und Erinnerungen. Dazu kommt eine große Portion Abenteuerlust und Wissbegierde gepaart mit einer Portion Respekt und der Tatsache, dass ich nun in einer anderen Kultur leben werde. Wenig ist wie vorher. Aber das macht das Leben im Ausland eben aus und darauf freue ich mich sehr. Es erweitert den Horizont und lässt unsere Kinder in einem internationalem Flair groß werden. Wahrscheinlich werden die Zwillinge schneller Chinesisch sprechen als ich. Ich bin fest motiviert, der Sprache eine zweite Chance zu geben und werde fleissig nachlernen, was die Kinder in der Schule lernen. Dazu kommt noch Privatunterricht und das viele Chinesisch, was ich nun Tag für Tag höre. Ich bin gespannt, wie weit ich komme. Meine Kinder werden sicherlich weiter kommen und das ist auch gut so!
Bald dann mehr von mir. Grüße aus dem Land der aufgehenden Sonne!